Okinawa - das andere Japan

Ein japanischer Junge blickt auf den Heart Rock am Strand von Kouri-jima.

Ein japanischer Junge blickt auf den Heart Rock am Strand von Kouri-jima.

Ein subtropisches Naturparadies 1500 Kilometer von Tokyo entfernt: Hunderte Inseln, 23 Grad Durchschnittstemperatur, kilometerlange Strände und Eiscafes - Okinawa ist entspannt anders. Aufgrund seiner Unabhängigkeit als Königreich Ryūkyū (琉球) bis 1879 hat es viel von seiner eigenen Identität behalten. Durch die US-amerikanische Besetzung nach 1945 hat es zusätzlich einen kräftigen amerikanischen Einschlag. Wie genau sich das bei einem Besuch auf den Inseln bemerkbar macht und was auf Okinawa so anders ist, zeige ich euch in diesem Artikel.

Übersicht

Uchina-time - Zeit auf Okinawa

Inselparadies

American Lifestyle

Öffentlicher Nahverkehr vs. Auto

Burgen und Schreine

Fazit

Uchina-time - Zeit auf Okinawa

Ein wenig mehr Gleichgültigkeit hier, ein bisschen langsamer dort. Gleich nach der Ankunft am Flughafen der Hauptstadt Naha merkt man, dass hier etwas anders ist: kaum Hektik, kein geschäftiges Wuseln und weniger Stress. Kommt der Bus ein paar Minuten später stört das hier auch niemanden. Die Leute auf Okinawa nennen das uchina-time (ウチナータイム). Die Uhren gehen hier einfach etwas anders. Ich spreche hier nicht von griechischer Gelassenheit, aber ein Unterschied zum Rest von Japan ist zu spüren. Hetzende Menschen und rasende Autos werdet ihr hier nicht finden, dafür aber viel Entspannung.

Im Gegensatz zu Tokyo werden in der Hauptstadt von Okinawa die Sitzbänke sogar genutzt :) Bild: Julie Fader (Unsplash)

Im Gegensatz zu Tokyo werden in der Hauptstadt von Okinawa die Sitzbänke sogar genutzt :) Bild: Julie Fader (Unsplash)

Das bedeutet nicht, dass sich die Leute auf Okinawa nicht anstrengen und fleißig sind. Das okinawanische Sprichwort “Nankurunaisa” heißt soviel wie “Gib dein Bestes und alles wird gut.” Das heißt aber auch, dass hier die Fehler von anderen leicht verziehen werden. Als Tourist in Japan geht man ja doch schon mal auf Zehenspitzen, um die Regeln nicht zu brechen. Auf Okinawa hat man eher das Gefühl, sich frei und unbeschwert bewegen zu können.

Inselparadies

Die Mangrovenwälder von Yanbaru sind seit 1972 nationales Naturgut.

Die Mangrovenwälder von Yanbaru sind seit 1972 nationales Naturgut.

Die Gelassenheit der Leute auf Okinawa stammt natürlich zum Teil von dem besonderen Klima: Bei ganzjährig milden Temperaturen und viel Sonnenschein merkt man schnell, dass man sich in den Subtropen befindet. Wir waren im Januar dort und hatten selbst im Winter heiße Tage, die den Norddeutschen schnell ins Schwitzen bringen. Selbst die Wassertemperatur fällt niemals unter 21 Grad. Beim Baden in einem der abgesperrten Bereiche begegnen einem viele interessante Meeresbewohner in den verschiedensten Farben. Doch Vorsicht: Aufgrund von Würfelquallen, Feuerfischen, Meeresschlangen usw. besteht beim Baden außerhalb dieser Bereiche Lebensgefahr. Als Alternative empfiehlt sich ein Nassanzug, um bspw. beim Schnorcheln die ganze Vielfalt der Unterwasserwelt von Okinawa bestaunen zu können.

Blick von der Burg Nakijin. Im Hintergrund die Wellen, die sich am Riff brechen.

Blick von der Burg Nakijin. Im Hintergrund die Wellen, die sich am Riff brechen.

Die Hauptinsel ist fast vollständig von Riffen umgeben, an denen sich eindrucksvoll die Wellen brechen. Das türkisfarbene Meer ruht an vielen Stellen an weißen Sandstränden. Im Inneren der Insel gibt es neben Mangrovenwäldern große subtropische Regenwälder, die von Wasserfällen und Felsformationen unterbrochen werden. In den Mangrovenwäldern gibt es eine Vielzahl an Krebsen und seltenen Vogelarten. Hier hat man die Möglichkeit auf einer Kayaktour die Natur kennenzulernen ohne sie zu stören. Viele Tierarten, die hier vorkommen, gibt es nur auf Okinawa. Dazu zählt beispielsweise der flugunfähige Kuina oder der einheimische Holzspecht. Es gibt sogar noch eine kleine Anzahl von Seekühen, den Dugongs, die mittlerweile jedoch extrem gefährdet sind. Das US-Militär verlegt derzeit eine Basis direkt vor die Hauptinsel und das ist der Hauptfaktor für die starke Gefährdung. HIER könnt ihr mit wenig Aufwand die Aktion gegen die Verlegung der Basis unterstützen.

American Lifestyle

Nirgendwo sonst in Japan ist der Einfluss der westlichen Welt so deutlich wie auf Okinawa. Die Amerikaner haben seit dem zweiten Weltkrieg deutliche Fußspuren auf der Insel und ihrer Essenskultur hinterlassen. Fast-Food-Ketten wie Dunkin’ Donuts, A&W oder Taco-Bell mit großen mehrspurigen Drive-Thru-Strecken prägen die Hauptstraßen der Städte. Zahlreiche Gerichte sind aus der Fusion amerikanischer Convenience-Produkte und lokaler Küche entstanden. Das beliebteste Gericht: Spam Sandwich. Das sind Onigiri, also Reis und Algenblatt, mit einer Füllung aus gepresstem Frühstücksfleisch. Burger gibt es teilweise mit ungewöhnlichen Zutaten wie Thunfischfleisch oder Meerestrauben-Algen. Neben Burgern ist auch das Shaved Ice sehr beliebt. Dabei wird Eis von einem Eisblock rasiert und mit Sirup, Früchten oder Kondensmilch getoppt. Eine kalorienarme Erfrischung, die ihren Ursprung auf Hawaii hat.

Burger und dazu Salat aus Meerestrauben. Bisschen USA und ein bisschen Okinawa.

Burger und dazu Salat aus Meerestrauben. Bisschen USA und ein bisschen Okinawa.

Vor den Bauchschmerzen: “Im Vergleich zu den Kalorien ist die Portion von diesem Shaved Ice doch lächerlich.”

Vor den Bauchschmerzen: “Im Vergleich zu den Kalorien ist die Portion von diesem Shaved Ice doch lächerlich.”

Überhaupt erinnert Okinawa durch den amerikanischen Einfluss und seine subtropische Lage oft an Hawaii. Im Radio gibt es einige amerikanische Sender, die insbesondere für die vielen Militärbasen der USA und ihre Einwohner senden. Dennoch trifft man in den Städten oder an den Stränden nicht wirklich viele Amerikaner. Deren Leben scheint sich eher in den Basen oder den abgesperrten Wohnkomplexen abzuspielen. Mittlerweile lehnen lt. Befragungen über 80 % der Japaner auf Okinawa die militärische Präsenz der Amerikaner ab. Das könnte ein Grund sein, warum viele der Amerikaner dann doch lieber unter sich bleiben.

Öffentlicher Nahverkehr vs. Auto

Und noch eine Sache erinnert sofort an die USA: Im Vergleich zum Rest von Japan ist auf Okinawa der öffentliche Nahverkehr nicht so nahtlos ausgebaut. Die einzige Bahnstrecke ist die Urban Monorail in der Hauptstadt Naha. Ansonsten stehen Busse oder Taxis zur Verfügung. Das beliebteste Transportmittel ist jedoch mit Abstand das Auto. Ähnlich wie in den USA ist hier alles auf das Autofahren ausgelegt. Gerade in kleinen bis mittelgroßen Städten kann der Gang zu Fuß zum Abenteuer werden. Man geht auf schmalsten Fußwegen während Autos nah an einem vorbeifahren.

Geiles Teil: mit diesem schicken Ride konnten wir die Hauptinsel und zahlreiche Nebeninseln erkunden.

Geiles Teil: mit diesem schicken Ride konnten wir die Hauptinsel und zahlreiche Nebeninseln erkunden.

Für den Urlaub ist daher ein Mietwagen empfehlenswert. Gerade um die etwas entlegeneren Sehenswürdigkeiten und Inseln zu besuchen, ist ein Auto sehr praktisch und unkompliziert. Eine weitere Besonderheit ist das Tempolimit. In 90 % der Fälle liegt es bei maximal 40 km/h. Das ist auf der einen Seite schön entspannend und macht die Eingewöhnung an das Fahren auf der linken Spur einfacher. Auf der anderen Seite braucht man aber selbst für kürzeste Strecken einiges an Zeit. Da man sich sowieso im Urlaub befindet, ist man gerne bereit, sich diese Zeit zu nehmen.

Burgen und Schreine

Burg Nakijin Okinawa.jpg

Dass Okinawa lange unabhängig war und sich somit auch kulturell stark unterscheidet, merkt man am deutlichsten an den Burgen und Schreinen der Insel. Sie unterscheiden sich in Aussehen und Aufbau vom japanischen Festland. Burgen mit großen mehrstöckigen Holzbauten, Burgturm und Verteidigungsringen gab es auf Okinawa nie. Ryukyu wurde für lange Zeit stark von den Chinesen beeinflusst. Dementsprechend waren (und sind) die meisten offiziellen Gebäude rot. Zusätzlich wurde fast ausschließlich mit Kalkstein gebaut. Von den 5 großen Burgen, die als UNESCO-Welterbe anerkannt wurden, sind leider nur noch Ruinen zu besichtigen. Die zuletzt erhaltene Burg von Shuri, Naha ist Ende 2019 leider niedergebrannt. Da die Burgen erhöht gebaut wurden, ist jedoch allein der Ausblick einen Besuch wert.

Ein unscheinbarer Schrein auf der kleinen Insel Sesoko im Norden von Okinawa.

Ein unscheinbarer Schrein auf der kleinen Insel Sesoko im Norden von Okinawa.

Schreine sind auf Okinawa oft unscheinbar. Schlicht gehalten und meist aus Kalkstein oder Beton errichtet, ziehen sie oft nur wenige Besucher an. Dennoch zeigen sie die Einzigartigkeit der Inselkultur und ihrer Religion. Diese ist eine Mischung aus chinesischen Religionen, Buddhismus und Shintoismus. Frauen wurden als spirtuell überlegen angesehen. Priesterinnen, genannt Noro (祝女), hatten eine besondere Rolle. Heutzutage haben diese Priesterinnen nur noch in kleinen Dörfern eine Funktion. Was bleibt, sind teilweise vergessene Schreine, die man gut auf eigene Faust auf den vielen Inseln immer wieder entdecken kann.

FAZIT: Die perfekte Mischung

Selbst darauf muss man auf Okinawa nicht verzichten: die Kirschblüte beginnt hier sogar bereits im Januar.

Selbst darauf muss man auf Okinawa nicht verzichten: die Kirschblüte beginnt hier sogar bereits im Januar.

Okinawa unterscheidet sich nicht nur leicht von Japan, sondern hat eine ganz eigene Kultur und Geschichte. Die wunderschöne Natur und die freundliche Gelassenheit der Leute schaffen eine entspannte Urlaubsatmosphäre. Wer möchte, kann in die reiche Geschichte der Inseln eintauchen, am Strand die tägliche Sonne genießen oder die Tierwelt beim Schnorcheln und Kayakfahren entdecken. Und da Okinawa nunmal ein Teil von Japan ist, hält es auch viele der angenehmen Dinge vom Festland bereit: Immer zuvorkommender Service, japanische Sauberkeit, 24/7 Shops und japanische Spezialitäten wie Fließband-Sushi oder Okonomiyaki. Für mich die perfekte Mischung.